2,7 Mio. Euro geerbt – was nun? Wie Du davon lernst, dass Lommatzsch in Sachsen mit Norwegischer Hilfe wieder Terence Hills Schlagkraft bekommt.

Schlägt Terrence Hill bald wieder zu? Das fragen sich wohl die Bürger im sächsischen Lommatzsch grade. Denn ihre Stadtt (5000 Einwohner, berühmtester Sohn ist vermutlich Terrence Hill, die Mutter des späteren Filmstar stammt aus Lommatzsch und er hat als Kleinkind kurz dort gelebt) hat 2,7 Millionen Euro geerbt – von einem entfernten Verwandten von Hill, der Fabrikanten-Erbe war, wie Spiegel, MDR und andere berichten. Vom Umgang mit dem Geldregen kannst auch du lernen. Überleg dir beim Lesen einfach, was dein Freibad und dein Schützenhaus ist, für welche Großprojekte du vielleicht (zu?) viel Geld ausgeben würdest.

Ausriss aus dem aktuellen Amtsblatt Lommatzsch.

Ausriss aus dem aktuellen Amtsblatt Lommatzsch.

Die Stadt selber teilt im aktuellen Amtsblatt mit, Ende November 2.684.000 Euro überwiesen bekommen zu haben. Bürgermeisterin Anita Maaß (FDP) spielt ein  paar Möglichkeiten durch, wie das Millionenerbe verwendet werden könnte:

  • Verbuchung der gesamten Erbschaft als Zuweisung im Haushalt
  • Verwendung eines Teiles der Erbschaft in den nächsten Jahren und Verbuchung des Restes von 1,15 Mio. Euro als „sonstige Rücklage“
  • Verwendung des gesamten Erbes für die Sanierung des Freibades
  • Verwendung eines Teils des Erbes für die Sanierung des Freibades und den Rest für Ablösung eines Kredits.

Was aber fehlt, ist eine Langfriststrategie a la Norwegen.

Durch das großzügige Erbe von 2,7 Millionen Euro haben Stadt und Bürger die Möglichkeit, Lommatzsch nachhaltig zu gestalten – eine einmalige Chance für alle! Doch wie nutzen sie diesen Schatz am besten?

Das Schützenhaus – ein tolles Projekt mit einer wertvollen Lehre

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie wichtig es ist, vorausschauend zu planen. In den 1990er Jahren wurde das Schützenhaus aus einem ähnlichen Erbe renoviert. Die Renovierung war sicher ein großartiges Projekt, das die Gemeinschaft bereichert hat. Doch damals ließ der Enthusiasmus vielleicht die möglichen Folgekosten aus den Augen verlieren. Noch heute trägt die Stadt finanzielle Belastungen aus dieser Entscheidung – 40.000 Euro Zinskosten jährlich.

Daraus kann gelernt werden.

Lpmmatzsch mit Trence Hill Freibad wie Dalle es sieht.

Lpmmatzsch mit Trence Hill Freibad wie Dalle es sieht.

Favourit vieler Bürger ist laut Medienberichten, endlich das schon vor über 100 Jahren errichtete Freibad zu sanieren und wiedereröffnen zu können. Das würde auch den berühmtesten Sohn der Stadt – Terence Hill, wer sonst – ehren, schließlich trägt es seinen Namen und er hat einst eine Rutsche spendiert. Allein, das würde wieder zu Folgekosten von mindestens 60.000 Euro pro Jahr führen. Hier ist die Bürgermeisterin im Amtsblatt etwas unklar, aber grob genug, um Einiges zu veranschaulichen sollte sich mit ihren Zahlen rechnen lassen.

Das norwegische Vorbild: Nachhaltigkeit und Wachstum

Ein Beispiel, das Orientierung bieten kann, ist der norwegische Ölfonds. Norwegen hat gezeigt, wie kluges Anlegen Wohlstand nicht nur erhält, sondern auch mehrt. Norwegens „Erbschaft“ ist der Ressourcenreichtum des Landes. Mit einer langfristigen Anlagestrategie, die auf breite Diversifikation setzt, erwirtschaftet der Fonds eine durchschnittliche Rendite von 6,3 % pro Jahr.

Darf’s ein bisschen (fast 100.000!) mehr sein als 65.000 Euro jährlich?

Im Vergleich zu den kurzfristigen Zinserträgen, die Bürgermeisterin Maaß für das Erbe berechnet hat (rund 65.000 Euro jährlich, das entspricht nicht einmal 2,5%), könnte ein nach norwegischem Vorbild angelegter Fonds für Lommatzsch jährliche Erträge von ca. 160.000 Euro bringen – fast 100.000 Euro mehr!

Schwankungen als Teil des Erfolgs

Natürlich wird das Kapital bei einer solchen Strategie Schwankungen unterlegen sein. Es ist möglich, dass die Werte in einem Jahr sinken, das ist der Preis für den Risikoaufschlag. Doch historisch betrachtet haben sich solche Rückgänge immer wieder ausgeglichen – dadurch, dass schwachen Jahren oft solche mit deutlich zweistelliger Rendite folgten. Während es im Fonds 2022 satte 14% bergab ging, stieg der Wert 2023 schon wieder über 16% und allein im ersten Halbjahr 2024 deutlich über 8%, so dass das Minus von vor 2 Jahren mehr als ausradiert ist. Wichtig ist, sich an eine langfristige Strategie zu halten und nicht von kurzfristigen Veränderungen abschrecken zu lassen.

Was könnte mit der Rendite getan werden?

Mit den Erträgen aus einem Zukunftsfonds könnten wichtige Projekte realisiert werden:

  • Städtische Institutionen für alle wie Schulen, Kindergärten, Parks: könnten jedes Jahr extra Geld zur Verfügung gestellt bekommen, um allen Bürgern noch mehr Lebensqualität zu bieten.
  • Kultur und Sport: Vereine könnten sich gezielt um Geld aus dem Fonds bewerben, zum Beispiel für die  Renovierung des Sportgebäudes und Förderung kultureller Veranstaltungen.
  • Das Terence-Hill-Freibad: Das Symbol für die Gemeinschaft könnte mit einem Teil des Erbes und mit Hilfe eines Investors saniert werden, aus dem restlichen klug angelegten Erbe wird der Unterhalt bestritten, um nicht wieder von den Folgekosten langfristig erdrückt zu werden.

Je nach Finanzierungsmodell und Kosten bliebe selbst nach der Renovierung des Freibades vielleicht genug übrig, um jedes Jahr zusätzliche Projekte zu finanzieren und die finanzielle Stabilität der Stadt zu sichern.

Ein Stück für die Gegenwart, alles für die Zukunft

Welche Jahresrendite hätten's denn gern?

Welche Jahresrendite hätten’s denn gern?

Wie Frau Dr. Maaß treffend sagte, ist es wichtig, einen Teil des Geldes direkt einzusetzen, um die Versuchung zu minimieren, alles auf einmal auszugeben. Wer etwas Kopf rechnen macht beim Lesen des Amtsblattes, kommt schnell auf die beste Rendite, die durch eine sofortige Investition erwirtschaftet werden könnte: 9%!

Das nämlich würde die Ablöse der 460 000 Euro Schützenhauskredit jährlich sparen. Im Amtsblatt schreibt die Bürgermeisterin nämlich, dass 40.000 Euro jährlich für Zins und Tilgung draufgehen und 40.000 von 460.000 sind 9,5%.  Diese wichtige Zahl nennt die Bürgermeisterin allerdings nicht. Weil der Kredit wohl aus den 1990ern stammt, kann davon ausgegangen werden, dass die 9,5% sich ungefähr zu 9%punkten auf Zinsen und 0,5 auf Tilgung verteilen. Doch auch, wenn der Tilgungssatz doppelt so hoch liegt, ändert das nicht viel.

Es wären nach dem Tilgen immer noch 2.224.000 Euro über, die angelegt werden und bei einer angenommenen Rendite von 6,3% jährlich gut 133.000 Euro abwerfen würden. Nach Verwaltungskosten sind es vielleicht noch 6%, also immer noch über 125.000 Euro. Mehr als 0,3% müsste für ein breitgefächertes ETF-Portfolio a la Norwegen nicht ausgegeben werden.

Ja, ich rechne üblicherweise mit einer niedrigeren Rendite, da nach Steuern und Inflation. Das bleibt hier aus, da ich mich zugegebenermaßen bei Steuern auf Kapitalgewinnen bei Städten nicht auskenne, vor allem aber die Inflation für den Vergleich hier nur stören würde, da im Amtsblatt auch unberücksichtigt.

So würde also der Haushalt sofort jedes Jahr um 40.000 Euro entlastet, das Vermögen der Stadt weiter um knapp 2,7. Millionen erhöht (denn der nunmehr getilgte Kredit erhöht nicht mehr das Soll um 460.000 Euro) und es bliebe noch ein sattes jährlich Plus von über 125.000 Euro für Ausgaben für alle Bürger – die aktuellen und die zukünftigen. Daraus müsste anders aus den zu Anfang genannten 65.000 oder 160.000 Euro nicht einmal der Kredit bedient werden. Nach Kosten ist diese Rendite also höher, als wenn der Kredit nicht abgelöst würde.

So könnten Stadt und Bürger sowohl heute als auch morgen und darüberhinaus von diesem außergewöhnlichen Geschenk profitieren. Ganz so wie es der norwegische Ölfonds im Großen macht, macht es eine kleine Stadt in Sachsen dann im Kleinen – für die heutigen Bürger, deren Kinder und alle kommenden Generationen.

Bleibt zu klären, ob eine Stadt ihr Geld so anlegen darf. Wenn nicht, bleibt vermutlich das Modell eine Stiftung zu etablieren. In Lommatzsch gibt es sogar schon eine, wie aus dem Amtsblatt ebenso hervorgeht. Also braucht es nur noch eine weise Abstimmung im Stadtrat mit Unterstützung der Bürger, vielleicht sogar am allebesten einen Bürgerentscheid wie die Bürgermeisterin selber anregt (und die ist wirlich vom Fach – nicht nur als Bürgermeisterin, sondern auch, weil sie sich wissenschaftlich und als Lehrende mit Kommunalpolitik beschäftigt hat).

Lommatzsch könnte also ein Ort mit nachhaltigen Finanzen werden. Zu Anita Maaß Partei, der FDP, passt das doch eigentlich ganz gut (Stichwort: Aktienrente).

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