Lesetipp: Reichtum in Die Zeit Magazin

Egal, ob von Reichtum oder Armut gesprochen wird, es geht nicht immer ohne Klischee. “Wenn Sie 250 Millionen Euro haben, dann schmeißen Sie das Geld zum Fenster raus, und es kommt zur Tür wieder rein”, steht auf dem Titel des aktuellen Zeit-Magazins. Gesagt hat diesen Satz der Bauunternehmer Christoph Gröner. Von daher völlig in Ordnung, es auf die Titelseite zu schreiben, um den entsprechenden Artikel anzukündigen.

Gröner war so nett und mutig, sich mehrere Monate immer wieder von den Journalisten Julia Friedrichs und Andreas Spinrath begleiten zu lassen.  Das ist nicht selbstverständlich für einen Mann, der in der Immobilienbranche ein dreistelliges Millionenvermögen verdient hat. Schließlich ist Reichtum oft verpönt und angesichts steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot werden Leute wir Gröner oft als die Bösen wahrgenommen.

Gröner reflektiert, sagt, er wolle reale Werte schaffen, nicht mit Baugrund spekulieren. Kurz, er kommt ganz sympathisch rüber in dem Text.

“Am Privatterminal des Düsseldorfer Flughafens wartet der Pilot und Christoph Gröner fährt im Shuttle vor.” ; “Christoph Gröner ist bei einem wichtigen Termin in Cannes. Seit stunden prasselt der Frühlingsregen auf die Palmen am Jachthafen ein.” Gröner jettet durch Deutschland und Europa als sei er der neue Star der wiederaufgelegten “Drei Wetter Taft”-Reklame aus den 1990ern und Friedrichs und Spinrath die Drehbuchschreiber (von daher wird es spannend zu sehen, was die beiden für die filmische Umsetzung für den WDR gemacht haben).

Friedrich Merz und Blackrock machen sich zum Buhmann

Auf die Schnelle gibt der Artikel einen kleinen Einblick in die Welt der Superreichen und der Immobilienbranche. Dazu gehört auch zu lesen, wie manche Mächtige meinen, die Presse gängeln zu können: Friedrich Merz, Ex-Politiker und jetzt Aufsichtsratschef der Kapitalanlagegesellschaft Blackrock Deutschland (groß mit ETFs) hat einem Interview zunächst zugesagt, dann aber wieder abgesagt. Das ist nicht unüblich, Blackrock jedoch, so die Autoren, habe ihnen geschrieben, dass man davon ausginge, “dass über diese Absage nicht berichtet werde.” Hat da einer Angst als im Vergleich zu Gröner feige dazustehen und/oder etwas zu verbergen zu haben? Ein lesenswerter Text also, auch wegen solcher Passagen.

Weil die Autoren nach einem schwarzen Fleck suchen (der so konkret bei Gröner zumindest nicht gefunden wird, eher bei der Reichtumsverteilung und -nutzung im Ganzen), seien auch kleine Schwächen des Artikels erwähnt.

Neun Prozent seit Jahresanfang – fehlt da nicht ein wenig Information?

Wohnhaus in Berlin (Foto: Bomsdorf).

Wohnhaus in Berlin (Foto: Bomsdorf).

Einmal sagt der Vermögensverwalter Christian von Bechtholsheim, dass die Performance sehr zufriedenstellend sei, gut neun Prozent Zuwachs seit Jahresanfang. Zum einen ist Zuwachs ein etwas verwirrender Begriff, könnte damit hier natürlich auch der Zufluss in einen Fonds gemeint sein. Vermutlich aber geht es um die Rendite.

Neun Prozent schön, aber in welchem Zeitraum? Wann hat von Bechtholsheim das gesagt? Im Herbst 2017 oder am Jahresende (denn die Autoren recherchierten viel im vergangenen Jahr) oder im März 2018? Das macht einen ziemlichen Unterschied. Denn im vergangenen Jahr ging es zum Beispiel an den Börsen dieser Welt ziemlich gut, in den ersten Monaten des Jahres 2018 aber erheblich schwächer.

Besser oder schlechter als der Ölfonds?

So erzielte der norwegische Ölfonds von Anfang Januar bis Ende September 2017 eine Rendite von 9,8 % und damit mehr als die zitierten 9 %, im gesamten Jahr 2017 waren es sogar 13,7 %. Der große Kapitalist von Bechtholsheim ist, wenn es um diese Zeiträume geht, also gar nicht so außergewöhnlich. Für die ersten drei Monate 2018 gab es bei den Norwegern hingegen ein kleines Minus. Hier den zeitlichen Bezug nicht reinzunehmen, ist im Grunde alles andere als eine kleine Schwäche, denn so kann niemand abschätzen, wie erfolgreich von Bechtholsheim in Relation zu anderen Fonds, der eigenen Performance etc. war. Lediglich, wer sein Geld auf dem Konto schlummern lässt, weiß, dass 9 % viel mehr sind, als er erreicht. Vielleicht gehören die Autoren wie die Mehrheit der Leser ja zu dieser sehr passiven Gruppe.

Klischeealarm: Schweigen wirklich alle Großinvestoren?

Zweite Schwäche: Ganz am Ende werden die großen Vermögensverwalter wie Staatsfonds und dergleichen als die großen Immobilieninvestoren in Deutschland genannt und recht deutlich als die Üblen und Intransparenten dargestellt. “Mit Geldströmen lässt sich schwer diskutieren, sie lassen sich nicht wie Menschen befragen und begleiten”, so das Fazit. Also sind es doch Intransparenz und geheime Machenschaften, die den globalen Kapitalismus dominieren – so klingt es an. Doch hinter jedem Geldstrom stehen Menschen, warum das unerwähnt lassen? Soll sich doch keiner der Großinvestoren darauf berufen können, er sein nur ein Geldstrom. Mit Reichtum kann man nicht sprechen, mit Menschen schon oder es zumindest versuchen (wie bei Merz von Blackrock). Der hier erwähnte norwegische Ölfonds jedenfalls ist Interviewanfragen durchaus aufgeschlossen, man muss es halt versuchen. Über die Jahre habe ich beide Chefs des Fonds und weitere Mitarbeiter zum Interview getroffen und auch die Pressestelle antwortet stets schnell (wenn auch nicht immer so detailliert, wie man es als Journalist immer gerne hätte). Jeden Staatsfonds aus Prinzip zum bösen schweigenden Kapitalisten auszurufen ist zu viel des Klischees.

Ölfonds startet 2018 mit leichtem Minus, aber was bei der Geldanlage zählt, ist das Langzeitergebnis

Im ersten Quartal des Jahres 2018 erwirtschaftete der norwegische Ölfonds eine leicht negative Performance. Das Resultat für Januar bis März lag bei minus 1,5 %. Der Aktienpart alleine fiel um 2,2 % während Immobilien mit 2,5 % im Plus lagen und Anleihen dementsprechend dazwischen (minus 0,4%).  In dem Zeitraum sei bei der Geldanlage es etwas volatil zugegangen, heißt es in der Mitteilung des Fonds.

Wer die Strategie des Fonds verstanden hat, weiß, das ein solches (oder auch ein größeres) zeitweiliges Minus bei der Geldanlage kein Problem darstellt, sondern hingenommen werden muss. Was zählt, ist allein, das Endergebnis, die langfristige Performance also und die sieht beim Ölfonds weiterhin gut aus.

Sein Ziel von 70 % Aktienquote hat der Fonds übrigens noch nicht ganz erreicht, Ende März lag der Wert bei 66 %.  Je höher der Aktienanteil im Portfolio der Geldanlage, desto höher das Risiko, aber auch die Renditeerwartung. Das gilt für große institutionelle Investoren wie den norwegischen Ölfonds ebenso wie für Privatanleger.

Wie das persönliche Risikoprofil bestimmt wird und wie eine geschickte globale Verteilung der Investments Schwankungen mindern kann, ist anschaulich in meinem Buch “So werden Sie reich wie Norwegen” beschrieben, erschienen im Campus Verlag, über dessen Homepage es auch bestellt werden kann (und natürlich beim lokalen Buchhandel ebenso wie bei Amazon). In dem Buch wird auch die ethische Komponente des Ölfonds ausführlicher besprochen, denn die unterscheidet ihn von vielen Investoren und sollte auch bei Privaten eine Rolle spielen.

Greenpeace Schweden boykottiert staatlichen Pensionsfonds

Greenpeace Schweden geht jetzt auch einen Schritt, den der norwegische Ölfonds zum Teil schon vollzogen hat, und steigt aus fossilen Investments aus. Naja, Greenpeace versucht es zumindest – mittels Boykott. Die Umweltschutzorganisation hat heute angekündigt, vorerst für seine Mitarbeiter keine Beiträge mehr an den staatlichen schwedischen AP-Fonds zu bezahlen.

Greenpeace-Boykott: Nicht mit meiner Pension (Screenshot: Greenpeace Schweden).

Greenpeace-Boykott: Nicht mit meiner Pension (Screenshot: Greenpeace Schweden).

Der investiert ähnlich wie der deutlich größere norwegische Staatsfonds sein Geld am Kapitalmarkt und dort eben auch in Firmen, die mit fossilen Brennstoffen Geld machen. Der norwegische staatliche Ölfonds schließt bereits seit einiger Zeit Unternehmen aus, die einen beträchtlichen Anteil des Umsatzes mit Kohle erwirtschaften und möchte bald aus dem Geschäft mit Öl und Gas aussteigen. Während Ersteres ökologische Gründe hat, geht es bei Letzterem darum, vom Ölpreis unabhängiger zu werden.

Der schwedische Staatspensionsfonds AP solle fossile Brennstoffe deinvestieren, fordert Greenpeace. Weil die NGO mit Ihren Beiträgen zur Vorsorge Ihrer Mitarbeiter nicht an solchen Geschäften beteiligt sein möchte, zahlt es nicht mehr in den Fonds ein.

Sollte Greenpeace damit Erfolg haben und so durchsetzen können, dass mehr darüber diskutiert wird, wie nachhaltig Geldanlage sein sollte, zeigt sich einmal mehr, dass Markt und Moral sich nicht immer ausschließen. Es kommt eben einfach darauf an, seine mit dem Geld verbündende Macht zu nutzen.