Frugalismus Nein Danke, Tschick und ein kleiner Schönheitsfehler

Frugalimus ade: Tschick in der ARD.

Frugalimus ade: Tschick in der ARD.

Das Konzept Frugalismus ist bekannt: Spare, spare, schaffe, schaffe und dann mach mit 40 endlich, was Dir Spaß macht (das ist jetzt die zugespitzte Variante).

Mag jeder für sich entscheiden, wie er möchte und ab und an aufs Geld zu schauen, ist auch keine schlechte Idee (hier dazu meine Tipps bei Spiegel/Bento). Aber warum denn erst mit 40 machen, was man möchte? Was ist mit “verschwende Deine Jugend”? Und was mit “Erfüllung im Hier und Jetzt”? Und das muss ja nicht Konsum sein – sondern gerne auch Kultur. Dazu aus aktuellem Anlass, weil noch in der Mediathek, ein Filmtipp mit zweien, die kaum Geld ausgeben, aber bestimmt keine Frugalisten sind: tschick, die Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs gleichnamigen Roman durch Fatih Akin.

Es gehört doch dazu, auch mal das sündhaftteure Hotelzimmer zu wählen, das man sich dauerhaft natürlich nicht leisten kann, und nicht immer nur in der Zukunft zu leben. Nicht zuletzt, weil wir nicht wissen, ob wir diese erleben.

Frugalismus als Religionsersatz

Natürlich gibt es den ein oder anderen, der sich einen angenehmen Lebensstil leisten kann und trotzdem eine enorme Sparquote. Doch oft bedeutet Frugalimus sehr starker heutiger Verzicht zugunsten künftigen Konsums und nimmt sehr asketische Züge an. Die Zeit nach 40 ersetzt dann das, was für religiöse Verzichtsüber das Jenseits ist.

Solche Denkanstöße gibt es leider selten im Finanzteil, sondern eher im Feuilleton. Auch als Autor eines Finanzbuches und Privatanleger lese ich das weit lieber und intensiver als den Wirtschafts- oder Finanzteil.

It’s the culture stupid (in Anlehnung an James Carville/Bill Clinton und meinetwegen auch Winston Churchill)

Nicht umsonst heißt es “Börsenpflichtblatt”, Kultur aber ist Begeisterung. Besonders interessant ist, wenn beide zusammenfinden. So wie wieder einmal heute in der FAZ. Autorin Melanie Mühl, die für einige interessante Achtsamkeitsartikel bekannt sein könnte, widmet sich im Feuilleton unter der Überschrift “Mit vierzig in Rente” auch dem leidigen Finanzthema Frugalimus und gab damit den Anstoß zum heutigen Beitrag.

Leider unterläuft ihr ein ärgerlicher Schönheitsfehler. “Viele Frugalisten dürften coronabedingt empfindliche Verluste am Aktienmarkt erlitten haben, die ihren Freiheitsplan um Jahre zurückwerfen”, schreibt sie mitten im Artikel.

Da hätte Mühl mal lieber die Druckfahne der selben Ausgabe der FAZ, in der sie ihren schönen Anti-Frugalismustext schrieb, in die Hand genommen. Denn acht Seiten später heißt es: “Geldvermögen auf Rekordhoch”. Die Aktienmärkte schreibt die Wirtschaftsredaktion haben sich (wie wir alle wissen – dazu “Reich wie… Thomas Gottschalk”) vom Corona-Crash vergleichsweise rasch erholt. Das ist  natürlich nicht der einzige Grund für das hohe Vermögen – die Sparquote stieg auch. So wie die, die am liebsten den Finanzteil lesen, im Feuilleton sicher viel lernen könnten, ist es halt auch umgekehrt.

Bringen wir Feuilleton und Finanzen, sparsam und verschwenderisch leben zusammen – dazu mein leider sehr männerdominierter Text bei Bento/Spiegel für alle Frugalisten und die, die keine sein wollen.

Reich werden wie Gerd Kommer

Entwicklung von Dax und S-Dax 2000 bis 2020.

Entwicklung von Dax und S-Dax 2000 bis 2020 ganz kurz nach dem Crash. Wer wurde damit reich?

Meint Gerd Kommer auch mich? Gehört mein Buch “So werden Sie reich wie Norwegen” aus der Sicht von Gerd Kommer in seine Kategorie Investmentpornographie? Kurz vermittelt sein neuster und wie immer lesenswerter Newsletter/Blogeintrag diesen Eindruck. Steht da doch: “Eine nicht mehr überschaubare Flut von Finanzratgeberbüchern und Anlegerseminaren will Privatanlegern zeigen, wie man mit Börseninvestments oder Immobilienanlagen reich wird. Wir zeigen, wie unrealistisch diese Versprechen sind.

Doch stopp! Ich definiere in meinem Buch “So werden Sie reich wie Norwegen” reich als ein schönes Polster haben und ziehe die über 190.000 Euro heran, die der norwegische Ölfonds mittlerweile pro Kopf der norwegischen Bevölkerung investiert hat. Das ist für viele ein realistisches Ziel und weit von den Millionen (oder zumindest der Million) Euro, die in der Investmentpornographie nötig sind, um “reich” zu sein (und dann am liebsten noch in zwei, drei Jahren erwirtschaftet sein sollen).

Aktien statt Autos

Autos in Oslo am Ekeberg (Foto: Bomsdorf)

Autos in Oslo am Ekeberg (Foto: Bomsdorf)

Viel mehr meine ich wie Gerd Kommer, dass an Aktienanlagen kein Weg vorbeiführt, um längerfristig ein solides größeres oder kleineres Vermögen aufzubauen. Und damit reich zu sein. (kleiner Tipp: es geht schneller, wenn aufs Auto verzichtet und das Geld stattdessen in Aktien investiert wird)

Die in meinem Buch “So werden Sie reich wie Norwegen” vermittelte Strategie unterscheidet sich von der von Gerd Kommer aus “Souverän investieren mit Indexfonds und ETFsin weiten Teilen nur unwesentlich. Der größte Unterschied der beiden Bücher ist ihr Stil und die Herangehensweise.

Kommers Buch ist (noch) nüchterner geschrieben, man sollte also mehr Interesse und Geduld mitbringen. Beide Bücher können also helfen, reich wie Gerd Kommer und andere (wie ich 😉 ) es vorschlagen zu werden.  Wir veröffentlichen übrigens beide im Campus Verlag.

Macht es wie Gerd Kommer

Wer wirklich reich wie Gerd Kommer – also der Autor und Unternehmer – werden möchte, für den gibt es auch einen Rat und zwar von Gerd Kommer persönlich, auch wenn er den nur implizit macht. Natürlich habe ich keine Ahnung, wie reich Gerd Kommer ist, kann mir aber denken, dass er so reich (oder wohlhabend) ist, dass viele derjenigen, die die von ihm zu recht so verschmähte Investmentpornographie verschlingen mit dieser Summe ganz zufrieden wären.

Gerd Kommer Invest Homepage.

Gerd Kommer Invest Homepage.

Aktuell betreut die Gerd Kommer Invest ein Volumen von 277 Millionen Euro – laut Homepage am 13.11.2020 – macht bei angenommenen durchschnittlichen 0,75% Gebühren einen Honorarumsatz von knapp 2,1 Mio Euro. Davon müssen natürlich die mindestens fünf nahezu identisch gekleideten Angestellten bezahlt werden, die Büroräume etc. . Dafür kommen vielleicht noch andere Honorare dazu und nicht zuletzt Tantiemen aus den Buch-Verkäufen (und es ist kein Geheimnis, dass sich Gerd Kommers Buch besser verkauft als meins – das immerhin auch schon beim Manager Magazin auf der Bestsellerliste stand). Was ich mit dieser kleinen Rechnung, die natürlich nicht wirklich zu Gerd Kommers Vermögen oder Jahreseinkommen führt, sagen möchte: Insgesamt dürfte Gerd Kommer finanziell ganz gut dastehen. Und wieso? Weil er gefragter Unternehmer ist und als solcher jeden Tag besondere Risiken eingeht.

Genau das, so schreibt Kommer selber, “ist jedenfalls dann die einzige nicht wirklichkeitsfremde Route zu Reichtum, wenn man drei andere Reich-werden-Routen ausnimmt: (a) Nennenswertes Vermögen erben, (b) reich heiraten und (c) den Jackpot beim Lotto gewinnen.

Es ist erstaunlich, dass diese interessante, aber auch triviale Erkenntnis vom Unternehmertum als einzigem realistischen Weg zum echten reich werden unter Privatanlegern so wenig bekannt zu sein scheint.”

Hier irrt Gerd Kommer

Ganz so erstaunlich ist es eigentlich nicht, dass Privatanleger den Weg “reich werden als Unternehmer” kaum zu kennen scheinen. Ich würde eher sagen, viele verdrängen, dass das der oftmals realistischere – da nicht allein vom Glück abhängig – Weg ist. Denn reich – also richtig reich, ab 1 Mio. aufwärts oder halt 200.00 Euro, aber dann binnen Monaten – werden mit Aktien oder Immobilien hat gegenüber dem klassischen Unternehmertum einen ganz großen Reiz: es klingt nach weniger Arbeit. Und wir sind nunmal so gestrickt, dass wie stets “the best of all worlds” wollen. Auch deshalb reizt der Begriff passives Einkommen so sehr.

Wenn es aber so einfach wäre, dann wären wir alle längst reich wie Gerd Kommer (und ich zweifele daran, dass er sich im Kopf hatte als er den Blogbeitrag schrieb. Aber Olaf Scholz hält sich ja auch nicht für reich.). Für die Fauleren unter uns bleibt reich mit Gerd Kommers Methode oder eben meiner zu werden – das ist immer noch ziemlich attraktiv und auch mit einem gewöhnlichen Job kombinierbar.

Reich werden mit norwegischem System – Neuauflage

So werden Sie reich wie Norwegen in 2. Auflage (Bomsdorf/Campus Verlag)

So werden Sie reich wie Norwegen in 2. Auflage (Bomsdorf/Campus Verlag)

Nachgedruckte wurde mein Buch “So werden Sie reich wie Norwegen” ganz schnell. Jetzt ist beim Campus Verlag auch eine überarbeitete und aktualisierte Neuauflage erschienen (kaufen z.B. im lokalen Buchladen oder hier online bei Amazon)

Die norwegische Formel ist nachhaltig und legt einmal eine Strategie fest, um dann langfristig zu agieren, statt hektisch zu re-agieren. Für den Privatanleger heißt das vor allem: Kein Stress durch ständiges Umschichten oder Nachdenken über taktische Manöver, sondern Zeit für das wesentliche – das Leben.

Treu bleiben

Dementsprechend bleibt sich dieses Buch treu und enthält im Vergleich zur Erstauflage keine grundlegenden Änderungen. Vielmehr geht es um interessante Aktualisierungen. Auf dem Markt für Finanzprodukte hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Deshalb wurden für diese Ausgabe die Tabellen mit Hinweisen auf Produkte, mit denen Sie die Strategie des Ölfonds einfach umsetzen können, auf den neusten Stand gebracht.

Selbstverständlich sind auch die jüngsten Ergebnisse des norwegischen Ölfonds enthalten. Sowohl der riesige Erfolg aus dem Jahr 2019 (plus 20 Prozent!) als auch die durch die Corona-Krise bedingte Schwäche im ersten Quartal 2020 (minus 15 Prozent) wurden berücksichtigt. Manch einer mag sich angesichts des Rückschlags Anfang 2020 gefragt haben, ob es wirklich eine gute Idee sei, langfristig in Aktien anzulegen. Wer in dieser Phase zweifelnd verkauft hat, realisierte Verluste und ließ sich die durch die Erholung bedingten Gewinne entgehen. Im zweiten Quartal wurde das Minus aus dem ersten wieder fast wettgemacht – rekordschnell also.

Desaster oder Preis für den Erfolg – das ist eine Frage der Perspektive

Was manch einem wie ein Desaster vorkam, ist langfristig betrachtet der zwischenzeitliche Rückschlag, der hingenommen werden muss. Ziel reich werden in Sicht. Über die Jahre berechnet, hat sich keine Anlageklasse so gut bewährt wie Aktien! Auch nicht Gold, das hat nur zwischendurch mal gute Zeiten, zeigen die Statistiken.  Selbst unter Berücksichtigung von Einzahlungen und Wechselkurseffekten zeigt sich hier: was kurzfristig Angst macht, gehört bei einer langfristigen Strategie einfach dazu und sollte ausgesessen werden. Das zahlt sich aus.

Nicht umsonst schrieben etliche Medien im Frühjahr 2020, dass Norwegen das Land sei, das die besten Chancen habe, auch in turbulenten Zeiten schnell wieder auf die Beine zu kommen. In den Artikeln verwiesen die Autoren auf den Global Resilience Index. Der misst, wie widerstandsfähig ein Land ist und Norwegen nimmt seit Jahren die Spitzenposition ein. Zur Stabilität des Landes trägt auch das große Finanzvermögen bei.

Tun Sie es also Norwegen gleich und werden sie noch resilienter! Damit in Zukunft für Sie dieser oft zitierte Satz nicht mehr gilt: »Die Deutschen arbeiten für ihr Geld, aber sie lassen ihr Geld nicht arbeiten.«